Eröffnung: Sonntag 5. Juli , 11:30 Uhr
In der Ausstellung Boredom Won't Starve as Long as I Feed It (Solange ich sie füttere, wird die Langeweile nicht verhungern) des Künstlers Koenraad Dedobbeleer im Museum Haus Esters empfangen den Besucher vertraute Formen von industriell gefertigten Objekten wie Abflussrohre, gekreuzte Tischbeine und ein roter Plastikbecher. Die Gestalten und Silhouetten, denen man im Alltag geradezu beiläufig begegnet, inszeniert und manipuliert Dedobbeleer in ungewohnter Weise. Der Künstler hat Formen des Alltags sich zu eigen gemacht, verschoben und teilweise neu interpretiert, um sie als bildhauerisch- und räumlichorientierte Kunstwerke zu präsentieren: Beispielsweise entwickeln sich Abflussrohre zu einer Bauplastik, die unter der Terrassendecke befestigt ist; ein gewöhnlicher Plastikbecher verwandelt sich in ein Objekt aus Nickel, das unwirklich über dem Boden schwebt. Ausgerichtet nach den Räumen von Mies van der Rohe und inspiriert von den originalen Einrichtungsgegenständen, präsentiert Dedobbeleer eine Konstellation von Objekten, die miteinander und mit dem Raum interagieren.
Der Mies van der Rohe-Stipendiat 2009, Koenraad Dedobbeleer (geb. 1975 Halle, Belgien), konzipierte eine ortsbezogene Präsentation, in der er bestehende Werke mit neuen Arbeiten kombiniert. Er lässt seine Skulpturen und Photographien mit dem geschichtsbeladenen Raum korrespondieren und geht dadurch dem Verhältnis zwischen Kunst und Raum nach. In direkter Auseinandersetzung mit der Einrichtung des Hauses - entworfen von Mies van der Rohe und Lilly Reich - bemalt Dedobbeleer beispielsweise die originale Bilderleiste. Die nun hellgrauen Stangen ziehen sich durch die Räume wie Schatten. Die ursprüngliche Funktion der Bilderleisten bleibt erkennbar, doch durch den farblichen Anstrich wird ihre Gestalt betont.
Dedobbeleer positioniert im Haus zudem eine neue Wand, Retain a Sense of Proportion (Ein Gespür für Proportionen behalten), die nun die Durchblicke versperrt und den Gang durch das Haus unterbricht. Die scheinbar nutzlose Wand verändert die Raumstruktur auf unerwartete Weise. Das Wandobjekt richtet den Raum materiell neu ein und stellt die Wahrnehmung von gewohnten Alltagsgegenständen und deren kulturellen Formen auf die Probe. Dedobbeleers Präsentationen führt vor, wie eine solche Wand, abhängig von Kontext und Umgebung, eine architektonische Stütze, eine Wegsperre, eine Grenze oder Kunst selbst repräsentieren kann.
Die Ausstellung Boredom Won't Starve as Long as I Feed It (Solange ich sie füttere, wird die Langeweile nicht verhungern) bietet dem Besucher viele verschiedene Bedeutungsebenen und die Möglichkeit zum endlosen Gedankenspiel. In seinen skulpturalen Arbeiten spielt Dedobbeleer visuell wie auch konzeptuell mit Formen, Motiven und Medien. Seine Arbeiten können imposant groß oder eher klein, von der Gestalt einfach, dabei aber auch hintergründig sein. Mit der Wiederholung von Formen wie zum Beispiel dem Tisch untersucht Dedobbeleer die Beziehung zwischen Objekt, Wahrnehmung und Erinnerung. Der Künstler lenkt unseren Blick und unsere Aufmerksamkeit auf eine verwickelte Konstellation von Skulpturen, architektonischen Details und Photographien und erforscht damit das Wesen des Erkennens und der Erkenntnis.
Im Haus von Mies van der Rohes schafft Dedobbeller einen nicht-zentrierten, freien Raum für Kunst, der sich bis in den Garten erstreckt. Zugleich spielerisch und introspektiv, subtil und unmittelbar, repräsentieren die Skulpturen alles andere als einfache Denkmodelle.
1979 wurde das Mies van der Rohe-Stipendium eingerichtet, um jungen vielversprechenden Künstler zu unterstützen und ihnen mit der Preisverleihung in den renommierten Museen Haus Lange und Haus Esters internationale Aufmerksam zu garantieren. Nach dreizehn Jahren konnte 2009 erstmals wieder ein Künstler mit dieser Auszeichnung geehrt werden. Alle zwei Jahre erhält ein Künstler die mit 5.000 Euro dotierte Auszeichnung.
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog.