Jonathan Bragdon, Nina Canell, Julian Charrière, Olafur Eliasson, Ilana Halperin, Roger Hiorns, Per Kirkeby, Katie Paterson, Giuseppe Penone, Jens Risch & Guests, Hans Schabus, George Steinmann
Leben wir heute tatsächlich in einer vom Menschen vollständig dominierten Umwelt? Diese breit geführte Diskussion schärft offensichtlich das Bewusstsein für die Natur und die hinter ihren Erscheinungen stehenden Kräfte – wie auch für die Auswirkungen unseres Handelns auf die Umwelt. Natur und insbesondere die Erdgeschichte erfahren in jüngster Zeit verstärkte Aufmerksamkeit. Die Ausstellung Die Kräfte hinter den Formen – ein Titel, der auf den Künstler und Geologen Per Kirkeby zurückgeht – zeigt zwölf internationale KünstlerInnen, die sich mit Formkräften der Natur und allgemein mit prozesshaften Strukturen auseinandersetzen. Julian Charrière beispielsweise schafft eine spekulative Geologie der Gegenwart. In seiner für die Ausstellung entwickelten Installation hat er Lava und Elektroschrott – Überbleibsel unserer aus Seltenen Erden gewonnenen digitalen Technologie – eingeschmolzen und zu neuen Konglomeraten verarbeitet. Sein fotografisch festgehaltener Versuch, einen Eisberg mit einem Schweißbrenner zu schmelzen, ist ebenso ein Kommentar zur Klimaerwärmung wie zur Gegenüberstellung von menschlicher und erdgeschichtlicher Zeit. Aus der Konfrontation des menschlichen Zeithorizonts mit geologischer Tiefenzeit beziehen auch andere Arbeiten der Ausstellung ihre Spannung, etwa von Ilana Halperin, Katie Paterson und Giuseppe Penone. Die Verbindung der körperlichen Dimension des Menschen mit der Erde kommt in Hans Schabus’ Gesten des Eingrabens in den Untergrund zum Tragen, während George Steinmann mit seinen zwischen Dokumentation, gesellschaftlichem Engagement und ästhetischer Bearbeitung angesiedelten Zeichnungen und Fotografien die zerstörerische Seite der Rohstoffgewinnung thematisiert. Ob als universale Chiffre für das Lebendige wie bei den Knotenstücken von Jens Risch, als Aufzeichnung von Landschaftsstrukturen bei Jonathan Bragdon, Per Kirkeby und Olafur Eliasson oder als vielschichtiger Reflex auf die Produktionsbedingungen der Überflussgesellschaft in den neu entstandenen Skulpturen von Roger Hiorns: Gemeinsam ist den Werken der Ausstellung einerseits ihre sinnlich-materielle Qualität und andererseits die Spiegelung unseres Umgang mit der Umwelt – und damit letztlich mit uns selbst. Die Arbeiten von Nina Canell schließlich bewegen sich an der Grenze des Wahrnehmbaren. Physikalische Phänomene wie Energiefluss oder die Zufuhr von Sauerstoff überträgt sie von konkreten in nicht messbare Dimensionen und stellt, explizit oder implizit, Verbindungen zum menschlichen Körper und seiner Wahrnehmung her.
Die Ausstellung knüpft auch an die Geschichte der Kunstmuseen Krefeld in der Nachkriegszeit an, die programmatisch wichtige Vertreter der Land Art und früher ökologischer Bestrebungen präsentierte und nicht zuletzt mit den Werken von Joseph Beuys einen beispielhaften Komplex für die Verbindung von Kunst, Natur, Wissenschaft und Gesellschaft im 20. Jahrhundert besitzt.
In Kooperation mit der Galerie im Taxispalais Innsbruck und dem Kunstmuseum Thun.